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Warum dürfen hier Rinder weiden?

In Mitteleuropa haben Weidetiere wie Rinder seit der Einführung von Ackerbau und Viehzucht über Jahrtausende unsere Kulturlandschaft maßgeblich mitgestaltet und damit das Landschaftsbild geprägt.

Die durch Beweidung entstandenen, halboffenen, abwechslungsreichen Weidelandschaften sind optisch attraktiv und ein wichtiger Bestandteil traditionell bewirtschafteter bäuerlicher Kulturlandschaften. Neben ihrer Bedeutung für die Artenvielfalt haben sie damit auch für die Naherholung im Kreis eine hohe Bedeutung.

Grünlandflächen gehören bei entsprechender Bewirtschaftung zu den artenreichsten Ökosystemen Mitteleuropas. Eine extensive, schonende Beweidung mit Rindern ohne Zufütterung und Düngung trägt zur Pflege und der Erhaltung des Grünlands bei, da auf diese Weise naturnahe Prozesse nachempfunden werden. Durch ihr räumlich-zeitlich ungleichmäßiges Fressverhalten und damit unterschiedlich starke Beanspruchung einzelner Bereiche von Weideflächen durch Verbiss und Tritt schaffen die Rinder ein Mosaik aus Kleinstlebensräumen und geeigneten Strukturen für zahlreiche wildlebende Tiere und Pflanzen. An vielen Stellen der Weide werden Pflanzen nicht abgefressen und können auf diese Weise blühen, fruchten und sich ausbreiten. Die Rinder transportieren zudem in ihrem Fell haftende Pflanzensamen über die Weide und tragen somit zu der Ausbreitung von Arten bei.

An stärker beweideten Stellen der Weide entstehen offene, nährstoffarme Bereiche, wo sich auch lichtbedürftige, kleinwüchsige, konkurrenzschwache und seltene Pflanzenarten etablieren können. Durch den hohen Blütenreichtum extensiv beweideten Grünlands wird ein großes Nahrungsangebot, z.B. für Wildbienen, Hummeln und Schmetterlinge bereitgestellt. In Teilen der Weide bleibt – im Gegensatz zu regelmäßig und meist zur gleichen Zeit vollständig gemähtem Intensivgrünland – eine hohe Pflanzendecke bestehen. In diesen geschützten Bereichen können Insekten ihre Eier ablegen oder überwintern. Manche Bereiche der Weide sind durch den Eintrag von Kot und Urin der Tiere nährstoffreicher und dadurch höherwüchsiger, wodurch sie wiederum ein anderes Spektrum an Pflanzenarten im Vergleich zu den mageren Stellen beherbergen. Im Kot der Tiere siedelt eine Vielzahl an speziell an diesen Lebensraum angepassten Insekten. Diese und andere durch eine extensive Beweidung begünstigten Insekten bilden wiederum eine wichtige Nahrungsquelle für heimische Brutvogelarten und bei uns im Kreis rastende Zugvögel.

Weidende Rinder sind Landschaftsmodellierer, auch im Kleinen Maßstab. Durch Tritt und das Suhlen der Tiere werden z.B. feuchte Senken, Pfützen, offene Rohbodenstellen oder Abbruchkanten geschaffen, die von verschiedenen Pflanzen und am Boden lebende wirbellose Tiere wie Wildbienen, Grabwespen, Laufkäfer, Heuschrecken oder Spinnen besiedelt werden können. Im Vergleich zur Beweidung haben die meisten mechanischen Methoden den Nachteil, dass sie einheitliche statt vielfältige Strukturen schaffen und damit häufig nur einige wenige Arten begünstigen.